Knock-Out Turbo-Optionsscheine (von einigen Emittenten auch anders bezeichnet, wie z.B. Turbo Zertifikat, Turbo Bull, Turbo Long etc.) ist eine der beliebtesten Anlageklassen für spekulative Anleger. Deshalb gibt es sie auf fast alle Aktien, auf die es auch normale Optionsscheine gibt und teilweise auch auf Basiswerte, für die es keine klassischen Optionsscheine gibt.
Einige von ihnen haben eine feste Laufzeit, andere laufen endlos. Wie der Name schon sagt, ist das wichtigste Merkmal dieser Hebelprodukte die Knock-Out-Barriere. Sobald diese einmal berührt wird, und sei es nur intraday oder bei einigen Produkten sogar im außerbörslichen Handel, verfällt das Produkt wertlos. Diese Barriere gibt es jedoch nicht, um uns als Anleger zu ärgern oder in die Falle zu locken, sondern sie hat mit der Konstruktion des Produkts zu tun:
Jede Klasse von exotischen Optionsscheinen oder Zertifikaten könnten Sie theoretisch auch selbst nachbilden, indem Sie zwei oder mehrere Geschäfte an den Märkten selbst abschließen anstatt einen Schein oder ein Zertifikat zu kaufen. Natürlich würde sich der Aufwand bei kleinen Anlagebeträgen nicht lohnen, aber am einfachsten sind alle Klassen von Hebelprodukten oder Zertifikaten zu verstehen, wenn man sich diese dahinter stehende Idee verdeutlicht.
Ein Knock-Out Optionsschein enthält einen fiktiven Kredit
Bei einem Knock Out kaufen Sie den Basiswert, also beispielsweise eine Mastercard-Aktie, auf Kredit und zahlen nur die Differenz zwischen dem aktuellen Kurs dieser Aktie und dem Basispreis des Turbo-Scheins, der in den meisten Fällen der Knock Out Barriere entspricht. Dazu kommt noch ein Aufgeld für die Finanzierungskosten und Risikokosten des Emittenten. Ein Knock Out ließe sich also nachbilden, indem Sie einen Kredit aufnehmen, der einen gewissen Betrag unter dem Aktienkurs liegt, die Differenz dazulegen und von der Summe die Aktie kaufen.
Dazu ein Beispiel, der Einfachheit halber mit einer in Euro notierten Aktie: Steht die Aktie bei 100,-€, dann könnten Sie einen Kredit für 80€ aufnehmen und 20€ dazulegen und somit für 100€ die Aktie kaufen. Fast identisch ist der Effekt, wenn Sie einen Knock Out mit Basis 80€ auf eine Aktie kaufen, die bei 100€ notiert. Sie zahlen für den Turbo-Optionsschein dann 20€ plus Aufgeld, also den Betrag, den Sie zusätzlich zum Kredit selbst investieren müssten oder bei einem Bezugsverhältnis von 0,1 ein Zehntel davon, also 2€ plus Aufgeld. An der weiteren Entwicklung des Basiswerts nehmen Sie dann voll teil: Steht die Aktie bei 120,-€, dann bleibt Ihr Kredit mit 80€ plus Zinsen stehen, der Betrag, den Sie eingesetzt haben, also die 20€, verdoppelt sich. So kommt der Hebel zustande. Genauso verhält sich auch der innere Wert des Knock Out Turbo-Optionsscheins: er steigt auf 40€ bzw. 4€, dazu kommt dann wieder das Aufgeld.
Was passiert, wenn sich ein Knock-Out seiner Schwelle nähert?
Was aber passiert, wenn der Aktienkurs auf den Basispreis sinkt? Dann ist alles, was Sie zusätzlich zum Kredit gezahlt haben, aufgezehrt. Würde die Aktie weiter sinken und unter 80€ notieren, könnten Sie Ihren ursprünglichen Kredit mit dem Verkaufserlös der Aktie nicht zurückzahlen. Wenn der Emittent das Konstrukt weiter aufrecht erhält, also die Aktie, die er für Sie gekauft hat, weiter halten würde, dann würden weitere Kursverluste zu seinen Lasten gehen, da Sie keine Nachschusspflicht haben. Steht die Aktie beispielsweise zum Laufzeitende nur noch bei 70€, dann müsste der Emittent Ihnen bei einem Basispreis von 80€ zwar nichts mehr auszahlen, hätte in Endabrechnung bei Verkauf der Aktie aber dennoch einen Verlust von 10€ erlitten, da er den von Ihnen aufgenommenen Kredit nicht mehr mit dem Verkaufserlös ausgleichen kann. Natürlich wird kein Emittent dieses Risiko für Sie auf sich nehmen. Stattdessen wird er bei Berühren der Knock Out Schwelle jedes Risiko weiter fallender Kurse nach Möglichkeit ausschließen, das Produkt sofort auflösen und der Schein verfällt wertlos.
Vorteile Knock Outs
Knock Outs haben einige Vorteile im Vergleich zu klassischen Optionsscheinen. Das Aufgeld ist niedriger als bei einem Optionsschein, so dass für das gleiche Geld ein höherer Hebel machbar ist. Zeitwertverlust und implizite Volatilität spiegeln sich in den Risikokosten und Finanzierungskosten im Aufgeld wider – sie sind im Vergleich zu einem klassischen Optionsschein jedoch minimal.
Vergleichen wir beispielsweise einen klassischen Call auf Mastercard mit einem Turbo-Knock-Out mit identischer Laufzeit bis März 2016 und einem Hebel von etwas mehr als 5, so hat der klassische Optionsschein ein Aufgeld von ca. 16% p.a., der Knock Out jedoch nur knapp 5% p.a. Stopps lassen sich über den Kurs des Basiswerts einfacher und genauer berechnen, wenn dies gewünscht ist. Open End Produkte ermöglichen es außerdem, auch langfristig in den identischen Basiswert investiert zu sein, ohne den Schein jährlich rollen zu müssen.
Bei diesen Open End Knock Outs ist allerdings zu beachten, dass zur Deckung der Finanzierungskosten des Emittenten die Knock Out Barriere täglich oder wöchentlich zu Ungunsten des Anlegers nach oben angepasst wird. Auch dies wird wiederum nicht gemacht, um Sie zu ärgern, sondern liegt darin begründet, dass sich die Finanzierungskosten bei Produkten mit endlicher Laufzeit bis zur Fälligkeit des Scheins konkret berechnen lassen, bei unendlichen Produkten jedoch fortlaufend eingepreist werden müssen. Dem Kredit werden also seine Zinsen einfach hinzugerechnet, so dass er immer weiter steigt. Wenn Sie die Knock Out Barriere also charttechnisch sinnvoll berechnet haben, sollten Sie sich bei Open Ends nicht darauf verlassen, dass sie unverändert bleibt, sondern einkalkulieren, dass sie sich zu Ihren Ungunsten verändert.
Nachteile Knock Outs
Es gibt natürlich noch einige andere kleine Nachteile, aber der große und alles überwiegende Nachteil eines Turbo-Optionsscheins mit Knock Out ist der wertlose Verfall bei Erreichen der Knock-Out-Schwelle. Ein Comeback solcher Calls gibt es nicht. Dadurch können Knock-Out-Scheine ohne das Setzen von Stop Loss eigentlich nicht sinnvoll eingesetzt werden. Wenn Sie Knock Outs mit hohem Hebel kaufen, dann wäre die Knock Out Barriere viel zu nahe am aktuellen Kurs und ein Totalverlust des Kapitals nicht auszuschließen. Viele Anleger kaufen gerne Knock Outs, deren Schwelle ca. 20% unter dem aktuellen Kurs liegt und glauben, eine Qualitätsaktie könne nie so weit sinken.
Doch nach Quartalszahlen oder an volatilen Tagen ist das durchaus innerhalb weniger Tage oder sogar an einem einzigen Tag möglich. Wer bei hohen Volatilitäten ohne Stop Loss in Knock Outs investiert ist, kann dann sein komplettes Kapital vernichten! Dass solche Extreme nur sehr selten vorkommen, wäre dann auch kein Trost mehr.
Fazit Knock-Out Optionsscheine
Knock Outs können vor allem für kurz- bis mittelfristige Spekulationen Anwendung finden, die bei Unterschreiten eines bestimmten Kurses des Basiswerts sofort beendet werden sollen. Dann kann auch für den Knock Out ein sinnvoller Stop Loss berechnet und gesetzt werden, so dass ein Totalverlust des Kapitals mit Knock Outs vermieden werden kann. An Tagen mit starken Intraday-Schwankungen werden solche Stop Loss dann allerdings ausgelöst und die Position erst einmal mit Verlust glattgestellt.
Durch ihre endlose Laufzeit eignen sich Knock-Out-Optionsscheine hervorragend, um langfristige Megatrends wie Künstliche Intelligenz mit Optionsscheinen zu begleiten.
Ebenfalls sinnvoll können Knock Outs zur Absicherung des Depots sein: In einer kritischen Phase kann ein Turbo Put wertvolle Dienste leisten, wenn die bestehenden Positionen nicht reduziert werden sollen. Die Gefahr eines Knock Outs ist dabei wesentlich geringer als bei Turbo Calls, da es aufwärts meist langsam und stetig geht, so dass sinnvolle Stopps berechnet und gesetzt werden können.
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