Sind Optionsscheine Termingeschäfte? Das war die große Frage, die sich alle Optionsschein-Anleger zum Jahreswechsel 2020/2021 stellten. Bevor wir uns den Sachverhalt ausführlich anschauen, die kurze und knappe Antwort vorab: Nein, steuerlich gehören Optionsscheine nicht zu den Termingeschäften.
Hintergrund für diese Frage ist eine Änderung der Steuergesetzgebung. Sie sorgt dafür, dass Verluste aus Termingeschäften ab 2021 nur noch bis zu einem Betrag von 20.000 Euro abzugsfähig sind. Gewinne müssen dagegen voll versteuert werden. Was ist dabei das Problem? Wenn ein Anleger mit hoch gehebelten Optionsscheinen, Optionen, CFDs oder Futures handelt, entsteht oft sowohl ein hoher Gewinn als auch ein hoher Verlust.
Es gibt sogar spezielle Konstruktionen, die nur funktionieren, weil bei einer Position ein Gewinn und bei einer anderen ein etwas geringerer Verlust entsteht.
Steuer-Irrsinn: Auch ohne Gewinn kann bei Termingeschäften Steuer anfallen
Dann kann es passieren, dass ein Anleger sowohl 50.000 Euro Gewinn macht und im gleichen Jahr auch 50.000 Euro an Verlust. Bisher war es so, dass beides gegeneinander gerechnet wurde, so dass am Ende keine Steuer gezahlt werden musste. Nach der neuen Regel muss bei Termingeschäften aber der Gewinn von 50.000 Euro versteuert werden, vom Verlust können jedoch nur 20.000 Euro angesetzt werden. Der Rest wird ins Folgejahr vorgetragen. So muss der Anleger 30.000 Euro Gewinn versteuern, obwohl er in Summe gar keinen Gewinn gemacht hat!
Natürlich liefen Anleger gegen die neue Regel Sturm. Viele halten sie auch für verfassungswidrig, doch das ist noch nicht abschließend geklärt. Besonders bei Optionsscheinen argumentierten Anlegerschützer, dass diese gerne von Kleinanlegern zur Absicherung ihres Depots verwendet werden. Eine begrenzte Abzugsfähigkeit wäre da ungerecht.
Das Bundesfinanzministerium stellt klar: Optionsscheine sind keine Termingeschäfte
Und so zeigte das Bundesfinanzministerium am Ende ein Einsehen: Am 3.6.2021 wurde ein Anwendungsschreiben zur Abgeltungssteuer veröffentlicht. Es stellt klar, welche Anlageformen als Termingeschäfte anzusehen sind: Termingeschäfte sind aus steuerlicher Sicht beispielsweise CFDs, Optionen, Swaps oder Forwards. Im Schreiben wird jedoch ausdrücklich klargestellt: Zertifikate und Optionsscheine sind keine Termingeschäfte.
Die gute Nachricht ist also: Verluste aus Optionsscheinen können weiterhin voll geltend gemacht und mit Gewinnen zum Beispiel aus Optionsscheinen verrechnet werden.
Totalverluste sind unabhängig von der Anlageform beschränkt verrechnungsfähig
Es gibt dabei lediglich eine Ausnahme: Für Totalverluste gibt es – unabhängig von der Anlageklasse – eine Verlustverrechnungsgrenze von 20.000 Euro. Deswegen ist es wichtig, dass du deine Optionsscheine verkaufst, bevor sie in den Totalverlust laufen. Das gilt unabhängig davon, um welche Art von Optionsscheinen es sich handelt.
Fazit: Aus steuerlicher Sicht gelten Optionsscheine nicht als Termingeschäfte. Du kannst deswegen Verluste aus Optionsscheinen unbegrenzt mit Gewinnen aus Optionsscheinen verrechnen. Das gilt aber nur, solange du keine Totalverluste in deinen Trades hast. Für diese gilt eine beschränkte Verlustverrechnung von maximal 20.000 Euro.